Die schönsten Wochen des Jahres

Ich will eigentlich nicht jammern, aber...
Eigentlich wollten wir schon lange unterwegs sein. Leider hat mir mal wieder die Gesundheit einen Strich durch die Planung gemacht. Also werden wir  die große Routenplanung einfach vergessen. Wir melden  uns beim Hafenmeister für etwa 14 Tage ab und übergeben unseren Autoschlüssel, damit er den Wagen parkt.  Im Wismarer Hafen wird ein neuer Kai gebaut, und wir passieren noch unter Motor die Baustelle. Knapp neben dem Fahrwasser ankern mehrere kleine Boote. Wir lesen das Schild "Unterwasserarchäologie", wahrscheinlich ist man bei den Bauarbeiten wieder auf Historisches aus der Wikingerzeit gestoßen. Die Römer waren hier ja nicht!
Taucher untersuchen den Hafengrund von Wismar
Wir haben leichten Westwind, also steuern wir langsam Kühlungsborn als erstes Ziel an. Vorsichtshalber habe ich einen Liegeplatz dort per Internet reserviert.
Wir passieren Timmendorf auf Poel und können erkennen, dass nur wenige Boote dort liegen. Wahrscheinlich stört der Schwell durch den Westwind der letzten Tage dort wieder. An Poel vorbei erreichen wir die Einfahrt ins Salzhaff mit dem Fahrwasser nach Rerik. Kurz diskutieren wir, ob Rerik heute ein Ziel sein könnte. Aber die enge Fahrrinne durch das Salzhaff und der Umstand bereits den Liegeplatz in Kühlungsborn reserviert zu haben, läßt uns den Gedanken verwerfen. Über uns donnert in niedriger Höhe ein Militärflugzeug hinweg.
Wo die wohl hin wollen?
Noch haben wir Sommer!
Die Sonne scheint und der Wind ist mit 2 Bft. bis max. 4 Bft. auch noch ausreichend. Zunächst kommt er aus Südwest, er dreht im Laufe des Tages und bei Ankunft in der Marina Kühlungsborn haben wir bereits schwachen Nordostwind.
Die letzten 15 Seemeilen bis zu unserem Tagesziel ziehen sich , der Wind schwächelt und der Motor muss unterstützen. Die Marina in Kühlungsborn ist in der Hochsaison immer voll und Plätze werden knapp.Unser Liegeplatz B43 ist frei. Internetservice Dockspot immer sehr gut.
Das klappt mit dem Service immer!
Den späten Nachmittag genießen wir auf der Hafenpromenade und gönnen uns ein paar Tapas im "Vielmeer". Der Blick über den Hafen und die Ostsee bringt langsam das gesuchte Urlaubsgefühl.

Später an Bord kommt die Ernüchterung per Wetterbericht. Für die kommenden Tage ist sehr viel Wind aus Ost angesagt und es soll regnen, viel regnen. Da für den nächsten Tag zwar viel Wind aber noch Sonne kommen soll, entscheiden wir uns für einen Strandtag in Kühlungsborn und bleiben noch hier.
Rastplatz für die Spaziergänger
Da der Wind auch recht kalt ist, sind die Strände ziemlich leer, dafür sind im Ort die Geschäfte voll. Wir nutzen die Möglichkeit unsere Lebensmittel einzukaufen und gönnen uns ein Mittagessen beim Griechen. Unseren Spaziergang dehnen wir ausgiebig aus und lassen uns treiben. Kühlungsborn tut viel für seine Gäste. Alles ist sehr gepflegt und Hotels und Gastronomie geben sich viel Mühe um Gäste zu gewinnen.  Trotz des mittlerweile starken Windes startet eine Regatta mit ca 8 Segelyachten und kämpft sich durch die hohen Wellen aus dem Hafen. Ich hätte dazu keine Lust.
Nachmittags überlegen wir uns wie es weitergehen könnte. Für den nächsten Tag ist zumindest für den Vormittag weniger Wind und kein Regen angesagt. Bis Warnemünde sind es nur etwa 12 Seemeilen, das könnte klappen. Der Himmel bezieht sich und der Wind wird noch kräftiger, im Wetterbericht gibt es die bekannten Unwetterwarnungen im NDR. Die Nacht wird unruhig, die Wellen klatschen laut an den Rumpf von RASMA.
Schauen wir mal wie es morgen wird.
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Donnerwetter

Wir sind wieder zurück im Heimathafen in Wismar.
dicke Kleidung war angemessen
Der Wetterbericht hatte unsere Törnplanung beeinflusst. Die noch vor ein paar Tagen lediglich "möglichen" Gewitter wurden in der Prognose immer konkreter. Wir verließen deshalb Grömitz rechtzeitig und steuerten Boltenhagen an. Von dort ist es bis Wismar nicht weit und die Wahrscheinlichkeit, dass wir so ein entsprechend sicheres Wetterfenster finden werden ist groß. Außerdem liegt man in der Marina "Weiße Wieck" in Boltenhagen auch bei schlechtem Wetter recht geschützt.
Schon die Fahrt quer rüber von Schleswig-Holstein nach Mecklenburg-Vorpommern fand bei stark veränderten Temperaturen statt. Es war bewölkt, und das Thermometer schafft es gerade mal auf 18 Grad. Wir waren lange Zeit die einzigen Segler auf dem Wasser, lediglich die Fähren von Travemünde auf ihrem Weg nach Schweden waren zu sehen. Der Wind hatte mit 3-4 Bft. aber genug Kraft um RASMA zügig anzutreiben. Im Funk können wir die"Rettungsaktion" für eine Motoryacht mitverfolgen. Die Yacht trieb irgendwo auf der Ostsee und war laut Skipper manövrierunfähig. Bremen Rescue stellte ruhig seine Fragen und verspricht einen Rettungskreuzer zu schicken. Nach einigen Funksprüchen hin- und her fragt der Skipper plötzlich nach, ob er den Rettungskreuzer "abbestellen" kann. Als Grund gab er an, dass er als absoluter Laie alle möglichen Knöpfe gedrückt hätte. Nun würde der Motor wieder laufen. Der Motorbootfahrer wird verpflichtet sich bei der DGzRS-Station in Kühlungsborn zu melden und die weitere Abwicklung ( Kosten?) abzustimmen. So verlief unsere Überfahrt nach Boltenhagen doch etwas kurzweilig,
RASMA fand unter Autopilot seinen Weg ja alleine.
Fritjof Nansen
Etwa 2 Stunden vor Boltenhagen begegnet uns doch noch ein Segler: die Fritjof Nansen war unterwegs von Wismar nach Fehmarn und glitt mit einigen Touristen an Bord vor uns vorbei. Wir erreichten die Marina am frühen Nachmittag und fanden wieder schnell einen Platz. Mittlerweile schien sogar die Sonne und die wärmte auch wieder schön.
Gegessen hatten wir auf der Terrasse des Iberotels, das Restaurant ist allerdings wegen seines bemerkenswerten Personals nur eingeschränkt zu empfehlen. Das Essen hat zwar geschmeckt, Preis-Leistung passt aber nicht. Das gilt eigentlich für alles in der Boltenhagener Marina, auch die Liegeplatzgebühren sind dort die bei weitem höchsten in der Lübecker Bucht.
Marina in Boltenhagen im Regen
Das Gewitter kam dann am nächsten Morgen in der Früh. Noch im Schlafanzug konnte ich gerade noch alle Luken schließen, dann öffneten sich die himmlischen Schleusen. Nahezu ohne Wind blitzte und donnerte es für einige Stunden, dabei regnete es viel. Ich konnte den Regen gleich dazu nutzen um das Deck von RASMA zu schrubben. Praktisch!
Die kurze Tour nach Wismar erfolgte unter Motor, der Wind war nach den Gewittern völlig eingeschlafen. Unser Platz war frei, wie geplant!

Morgen waren wir wieder heim. Diese erste Runde im Jahr war vielversprechend, in 3 Wochen geht es wieder los.

Heißer Saisonstart

Wir haben Hochsommer.
Hochsommer im Mai, die Temperaturen sind auch am Abend noch weit über 20 Grad. Ein paar Tage können wir noch an Bord bleiben. Im Hafen haben wir uns bis Dienstag abgemeldet. Die Wind- und Wettervorhersage verspricht uns Wind aus Südwest bis West bei Windstärke 4 und weiterhin Sommer. Erst übermorgen müssen wir mit Gewittern rechnen. Bei Gewitter möchten wir eigentlich nicht draußen sein, sondern eher geschützt liegen. Das werden wir schon hinbekommen, heutzutage sind Wettervorhersagen zum Glück leicht per Smartphone zu erfahren. Noch brauchen wir uns dazu keine großen Gedanken machen und wir legen am frühen Vormittag im lebhaften Travemünde ab. Ingrid manövriert uns an den beiden Priwall-Fähren vorbei und wir verlassen die Trave. Die Segel sind schnell ausgerollt, und wir nehmen gleich gemütlich Fahrt auf. Der Wind ist zwar nicht kräftig, er hat gerade mal Stärke 2-3 Bft., trotzdem reagiert RASMA gut und schafft trotz ihres hohen Gewichts 4 Knoten. Ich schalte den Autopiloten ein, programmiere ihn mit dem Ziel Grömitz und wir lassen es uns gut gehen. Vorbei am brechend vollen Strand von Timmendorf bummeln wir ohne besondere Vorkommnisse zum Yachthafen in Grömitz. Ich bin sehr zufrieden, dass der Saisonstart in diesem Jahr so glatt und ohne unangenehme Überraschungen verläuft. Das kennen wir auch anders! Am frühen Nachmittag machen wir an Steg 3 in Grömitz fest. Es ist reichlich Platz, Vorsaison!
Freundliche Hände helfen uns beim Anlegemanöver. Die Marina in Grömitz ist zwar mittlerweile 50 Jahre alt, wurde aber in den letzten Jahren umfangreich ausgebaut und modernisiert. Hier hat man sogar W-LAN bis in die hinterste Ecke der Stege. Einzig bei den Duschen ist die Zeit stehen geblieben. Hier gibt es noch das alte Münzsystem, d.h. man muss an einem Automaten sogenannte "Duschmünzen" für 1 Euro das Stück kaufen. Im Sanitärgebäude hat man in einem Vorraum an einem Automaten eine Kabinennummer auszuwählen, wirft die Münze ein und sprintet anschließend in die Kabine und kann danach für ein paar Minuten heiß duschen. Wer es nicht rechtzeitig schafft, die Seife wieder abzuspülen, weil das Wasser stoppt, darf das Prozedere wiederholen. Unangenehm!
Ich bin mit meiner Zeit ausgekommen und kann frisch geduscht mit Ingrid die Promenade besuchen. Es ist immer noch heiß, und die vielen Menschen suchen Abkühlung. Die Eisdielen sind voll und die Schlangen der Kunden lang. Einige gehen tatsächlich in die Ostsee- bei 14 Grad Wassertemperatur!
Ein kaltes Bier wäre nicht schlecht, und so entscheiden wir uns ein Lokal mit Schatten zu suchen. In der Strandhalle ist Platz, im Freien und überdacht, es geht sogar ein leichter Wind durch. Zunächst sind wir über die vielen älteren Gäste, die teilweise sehr elegant gekleidet sind, verwundert. Nach ein paar Minuten wissen wir auch warum das so ist: Tanztee! Spontan rutscht mir das Wort "Mumienschubsen" raus, dabei habe ich glatt vergessen, dass wir ja mittlerweile selbst im Pensionsalter sind.
Musikalisch wird alles geboten, Lieder von Andrea Berg, Roland Kaiser und um etwas internationalen Flair hineinzubringen, gibt es auch "Yesterday" von den Beatles. Das Schönste im Cafe ist doch immer das "Leute gucken", oder?
Wir bummeln mit einigen Zwischenstops zurück zum Yachthafen und genießen die dortige Ruhe. Im Weinlokal am Hafen finden wir einen schönen Platz und beschließen dort auch unser Abendessen einzunehmen.
Eigentlich hat die Santé Weinlounge  nur Tapas auf der Karte, aber damit kann man bei der Hitze gut auskommen. Ein großartiges Menü wäre unangemessen.

Was serviert wurde, war lecker und der Service dort angenehm. Wir lassen wie immer den Abend an Bord  draußen ausklingen. Kitschiger Sonnenuntergang!
Mal sehen, was morgen früh der Wetterbericht sagen wird.

Nicht schlecht

Abendstimmung im Westhafen, Wismar
Das Wetter soll die nächsten Tage schön werden. Schön für Segler!
Wir schlagen endlich die Segel an, gegen Abend ist der Wind eingeschlafen, und das macht es leichter für uns. Die Temperatur ist um 20 Uhr noch über 20 Grad, und wir beraten den morgigen Kurs  draußen im Cockpit. Die Kuchenbude ist längst abgebaut, und die Sonne setzt unseren Hafen in ein angenehmes Licht. Eigentlich ist es egal, wohin wir morgen fahren werden, wir haben ein paar Tage Zeit und möchten eh nur "bummeln" und das Segeln genießen. RASMA ist eigentlich gut vorbereitet, ein paar Kleinigkeiten stehen zwar noch an, sind aber nicht wirklich wichtig. Die Tankanzeige des Abwassertanks erzählt uns nur Unsinn, und eine Teakstufe der Badeleiter möchte ich erneuern, das Holz habe ich schon zugeschnitten.
Also wirklich nichts Wichtiges.
Wir starten gleich nach dem Frühstück und sind in der Bucht auch als Segler alleine. Die Segel haben wir noch im Hafenbecken setzen können und gleiten bei 3 Windstärken die Wismarer Bucht hinaus. Lediglich Berufsschiffe sind zunächst unsere Begegnungen. Wir bleiben neben der Betonnung außerhalb der Fahrrinne und freuen uns. Wir freuen uns, dass alles funktioniert, wir freuen uns, dass RASMA so schön läuft und wir freuen uns uns über das traumhafte Segelwetter. Gut, dass wir das nicht verpasst haben! Wir passieren die kleine Insel Walfisch und können uns so langsam Gedanken über unser Tagesziel machen. Boltenhagen und Timmendorf auf Poel scheiden schnell aus, schließlich wären wir ja dann schon in Kürze dort. Der Wind steht immer aus Süd oder max. Südwest, da bietet es sich an nach Travemünde oder Neustadt zu segeln.
In Travemünde waren wir noch nie und ich hole mir die Zustimmung für dieses Ziel von Ingrid. Sie hat nur eher negative Erinnerungen an diesen Ort, stimmt aber zu. Bei 2-4 Windstärken segeln wir die Küste entlang und können schon bald das Maritim-Hochhaus von Travemünde ausmachen und als Landmarke ansteuern. Als wir näher kommen, können wir die vielen Menschen am Strand sehen. Dort scheint richtig was los zu sein. Mittlerweile haben wir an Bord 39 Grad, Schatten gibt es nicht und die Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30 muss zeigen was geht.
Es ist leider kaum zu beschreiben, aber das Segeln bei nahezu glatter See macht so viel Spass! Die Geschwindigkeit ist zwar immer "nur" so zwischen 4 und 5,5 Knoten, aber für den Saisonstart einfach nur schön. Mir geht es richtig gut!
Travemünde nähert sich.
Welchen Hafen nehmen wir. Ich möchte möglichst einen Platz ohne Schwell, wir kennen uns allerdings hier nicht aus.
Zum Glück kommt zur Zeit keine der vielen Fähren raus und wir können entspannt in die Trave einfahren.
Auf der Promenade in Travemünde schieben sich die Menschenmassen durch die Nachmittagshitze, und wir fahren langsam unter Motor am Geschehen vorbei. Dabei schauen wir beide nach möglichen Liegeplätzen für die kommende Nacht. In den Passathafen möchten wir nicht, das ist zur Zeit eine riesige Baustelle, und wir müssten auch mit der Fähre rüber in den Ort. Kurz vor Böbs-Werft finden wir etwas. Im Yachtclub Fischereihafen Travemünde ist viel Platz.
Wir brauchen allerdings sehr lange Leine zum Festmachen. Die Heckpfähle stehen sehr weit außen und sind wohl eher für "Megayachten" gedacht. Mit Geduld, Schweiß und Teamarbeit gelingt es uns RASMA ordentlich anzulegen.
Es ist immer noch sehr warm und hier im Hafen weht nur noch ein laues Lüftchen, das keine Kühlung bringt.
Wir raffen uns dennoch auf und gehen von Bord, bezahlen den Liegeplatz und bummeln durch Travemünde. Das erkennen wir kaum wieder. Vor einiger Zeit waren wir mal hier, im Spätherbst. Damals war hier alles leer und unbelebt. Nun ist das richtig voll mit Urlaubern, die Lokale sind geöffnet und gut besetzt. Wir genießen das Abendessen bei einem Italiener mit Blick auf die Passat am gegenüberliegenden Ufer.
Eigentlich bin nur noch müde, es war ein schöner Tag. Nicht schlecht dieser Saisonbeginn.